Geburtsbericht

Hannah Arendt
26. Januar 2004
12:10 Uhr
52 cm
3640g

Am 25. Januar 2004 ist Hannah rein rechnerisch ausgezählt, eigentlich sogar schon am 22. Januar, denn ich weiß genau, wann ich meinen Eisprung hatte. Wie dem auch sei: 40 Wochen in meinem Bauch reichen eigentlich aus, doch läßt sich Hannah davon nicht beeindrucken und macht keine Anstalten, sich zu uns auf den Weg zu machen.

Der 25. Januar ist ein Sonntag und geprägt durch Holgers nicht verschwinden wollende dicke Erkältung und auch ich spüre ein Kratzen im Hals. Meine Schwiegereltern wollen uns eigentlich zu einem griechischen Essen einladen, wir lehnen aber dankend und hustend ab und nehmen den freundlichen "Wir bringen Euch was mit" - Service in Anspruch.

Nach dem leckeren Essen und einem ausgiebigen Mittagsschlaf gehe ich gegen 16:30 Uhr zur Toilette, wo mir eine große Menge Schleim am Toilettenpapier auffällt. Da aber kein Blut dabei ist, bin ich mir nicht sicher, ob es sich um den sogenannten Schleimpfropf handelt, der den Muttermund verschließt, das Kind somit vor Infektionen schützt und bis zu drei Tage vor der Geburt abgeht.

Ich lese in verschiedenen Zeitschriften, Schwangerschaftsratgebern und Internetforen nach und bin mir am Ende immer noch nicht sicher, was das nun war, denn überall steht etwas von Blut, das mit dem Schleimpfropf vermischt ist.

Da ich aber schon seit Mittwoch, dem 21. Januar regelmäßig abends Übungswehen habe und am Freitag beim CTG auch alle 10 Minuten ein kleiner Wehenhügel war, ist es wahrscheinlich, dass es sich bei der handtellergroßen Schleimmenge doch um den Muttermundpfropf handelt.

Am Samstag, den 24. Januar 2004 habe ich während eines Spaziergangs mit Holger alle 5 Minuten eine leichte Kontraktion, bzw. wird mein Bauch hart. Um Gewissheit zu bekommen, ob es sich um ehcte Wehen handelt, gehe ich abends in die Badewanne, in der echte Wehen stärker, Übungswehen jedoch schwächer werden. Ich steige ohne eine Wehe wieder aus dem heißen Bad.

Dennoch schließe ich am Samstagabend aus den regelmäßigen Übungswehen, der großen Schleimmenge und der Nähe zum errechnetetn Termin, dass es innerhalb der nächsten drei Tage losgehen wird.

Den Sonntagabend verbringen Holger und ich gemütlich auf dem Sofa, wir schauen "Philadelphia" im Fernsehen und ich genieße die Ruhe in meinem Bauch. Nur hin und wieder spüre ich Hannahs Füße auf meiner linken Seite. Gegen 23 Uhr gehen wir ins Bett, doch weil ich den ganzen Tag viel getrunken habe, muss ich im Halbstundentakt zum Wasserlassen auf die Toilette.

Von 0:30 Uhr bis 1:30 Uhr setze ich mich ins Kinderzimmer in den Schaukelstuhl und blättere verschiedene Babyzeitungen durch, weil ich nicht wieder einschlafen kann. Als ich dann aber wieder zu Holger ins Bett krieche, schlafe ich augenblicklich ein.

Jedoch ist der Schlaf nur von kurzer Dauer: um 2:45 Uhr werde ich mit Druck auf der Blase wieder wach und während ich mich aus dem Bett robbe merke ich, wie es in meinem Schritt feucht wird. Im ersten Moment halte ich die Flüssigkeit für Urin und verfluche die Schwangerschaftsinkontinenz der letzten hochschwangeren Wochen. Als ich jedoch an der Schlafzimmertür noch einmal unkontrolliert eine große Menge Flüssigkeit verliere wird mir klar, dass es sich nur um Fruchtwasser handen kann.

Ich gehe zur Toilette und sehe im nassen Fleck der Schlafanzughose etwas weißen Schleim. Da ich keine Wehen habe, und nicht ganz sicher bin, was gerade passiert ist, rufe ich im Kreißsaal der Diakonie in Kaiserswerth an und schildere der Ärztin kurz den Verlauf der Dinge und sie bittet mich, zu einer Kontrolle in die Klinik zu kommen.

Ich wecke also Holger und erkläre ihm, was gerade passiert ist und dass wir nun in die Klinik fahren müssen. Gerade als ich ihm sage, dass ich noch keine Wehen habe, überrollt mich die erste um 3:15 Uhr. Da ich mich mit nassen Beinen nicht ganz wohl fühle, gehe ich noch schnell unter die Dusche und lasse Holger Zeit, wach zu werden. Wegen der Erkältung geht es ihm gar nicht gut und der Weg zur Klinik ist nicht gerade angenehm für ihn, hustet er doch die ganze Zeit. Ich habe im Auto alle 3 Minuten Wehen, die ich aber gut veratmen kann.

Um kurz vor 4 Uhr sind wir an der Diakonie angekommen und müssen durch den Eingang für Notfälle gehen. Auf dem Weg zum Kreißsaal geht mir noch einmal Fruchtwasser ab, so dass ich breitbeinig wie ein Cowboy mit nasser Hose vor der diensthabenden Hebamme stehe.

Die sehr burschikose Frau führt uns in ein kleines Zimmer, in dem ich auch schon zur geburtsvorbereitenden Akupunktur war, schließt mich ans CTG an (ich sitze dabei auf einem Stuhl, da ich im Liegen auf der Pritsche nur Rückenschmerzen bekomme), misst meine Temperatur und meinen Blutdruck und holt die Ärztin, mit der ich vor einer knappen Stunde telefoniert hatte.

Diese nimmt mir nach einer halben Stunde am CTG ersteinmal Blut, u.a. für die Nabelschnurblutspende ab und legt mir einen Zugang in der linken Armbeuge. Normalerweise habe ich mit Spritzen kein Problem, doch dieses Mal muss ich mich übergeben. Holger reicht mir tapfer Brechschalen und Tücher und füllt den seitenlangen Fragebogen zur Nabelschnurblutspende aus, denn wir haben uns dazu entschieden, Hannahs Nabelschnurblut einer Blutbank zur Verfügung zu stellen, damit z.B. Kindern mit Leukämie durch das Zuführen von Stammzellen geholfen werden kann.

Bei der vaginalen Untersuchung stellt die Ärztin fest, dass mein Muttermund 2cm geöffnet ist. Beim anschließenden Ultraschall auf der Wöchnerinnenstation vermisst sie Hannahs Kopfdurchmesser (11,5cm, bzw. 9,3cm), schätzt sie auf ca. 3200g und stellt fest, dass die Nabelschnur gut durchblutet ist und alle Messergebnisse einer termingerechten Entwicklung entsprechen.

Zurück im Kreißsaalbereich legt mir die Hebamme wieder das CTG an, doch wegen der Übelkeit diesmal im Liegen. Außerdem bekomme ich per Tropf eine Kochsalzlösung, da Hannahs Herztöne während der Wehen auf Flüssigkeitsmangel hinweisen und ein Antibiotikum, das eine Infektion wegen des Blasensprunges verhindern soll.

Während des fast einstündigen CTGs übergebe ich mich erneut und schelle gegen 6:30 Uhr nach der Hebamme. Doch wegen des Dienstwechsels um 6 Uhr kommt nicht die Hebamme, die uns in Empfang genommen hat, sondern "meine" Hebamme Adele, die mir schon seit Wochen die Akupunkturnadeln setzt und auch unsere Nachsorgehenamme sein wird. Ich freue mich sehr sie zu sehen, denn ein vertrautes Gesicht in einer ungewohnten Situation beruhigt ungemein. Sie teilt uns sofort mit, dass sie uns während der Geburt betreuen wird und meint: "Mein Dienst geht bis 14 Uhr, bis dahin ist Ihr Kind da!". An mir soll es nicht scheitern, und so erbreche ich erneut, was Adele als gutes Zeichen interpretiert, da sich der Körper auf die Geburt einstellt und die Hormonumstellung Übelkeit verursacht.

Damit ich unter der Geburt nicht aus Scham und Angst vor einem kleinen Unglück in den Kopf presse, geht es nun zum nächsten Akt, dem Einlauf. Der ist nun nicht gerade toll, aber als Belohnung hat mir Adele schon ein Bad eingelassen, in das ich mich anschließend zum Entspannen legen darf.

Holger hat in der Zwischenzeit die Kliniktasche verstaut und einige Telefonate erledigt, mit denen er unsere Eltern und seinen Arbeitgeber über die bevorstehende Geburt informiert. Er hilft mir in die Badewanne und wir haben eine knappe Stunde Zeit, uns in ruhiger Atmosphäre auf die kommenden aufregenden Stunden vorzubereiten. Ich genieße die Wärme des Wassers und merke, dass ich, wenn ich während der Wehen meine Beine wie beim Treppensteigen bewege, den Wehenschmerz besser aushalten kann.

Gegen 7:15 Uhr wird es für uns ernst, denn wir dürfen in den Kreißsaal. Da wir schon eine Besichtigung während der Schwangeschaft gemacht haben, ist die Ausstattung dieses Raumes keine Überraschung für uns. Neben dem großen runden Kreißbett stehen zwar auch einige medizinische Geräte herum, doch die fallen in der wohnzimmerähnlichen Atmosphäre fast gar nicht auf.

Nach einer erneuten vaginalen Untersuchung und der Diagnose "Muttermund 3cm" spritzt mir Adele das Schmerzmittel Buskopan in den Po und legt erneut das CTG an. Sie empfiehlt mir, mich auf die rechte Seite zu legen, da Hannah mit dem Rücken auf dieser Seite liegt und ich ihr so den Weg in den Geburtskanal erleichtern kann. Da ich aber während der gesamten Schwangerschaft nicht auf der rechten Seite gelegen habe, ist dies nun unter den Wehen auch nicht gerade angenehm. Beim Laufen sind die Wehenschmerzen für mich am besten auszuhalten, doch da sich Hannah ins Becken drehen soll, bleibe ich liegen.

Holger unterstützt mich währden der Wehen wunderbar und erinnert mich immer wieder an die richtige Atemtechnik. Für ihn ist es nicht gerade einfach, nichts tun zu können, um mir die Schmerzen abzunehmen.

Gegen 10 Uhr ist der Muttermund 6cm geöffnet und ich bitte um eine PDA. Das Anästesistenteam kommt auch, desinfiziert meinen Rücken, tastet nach der richtigen Stelle und stoppt. Ich werde nach den kleinen braunen Flecken, die ich im Rücken habe gefragt und auf meine Antwort, dass es sich um einen Hautpilz handelt, packen die drei Ärzte ihre Sachen zusammen und gehen. Das Risiko einer Infektion des Rückmarks ist zu groß. Adele flucht auf französisch irgendetwas, was ich nicht verstehe, aber es klingt nicht nett... Das Anästesistenteam geht und Adele spritzt mir noch einmal Buskopan.

Während die Anästesisten an meinem Rücken rumfummeln, macht Holger mir die CTG-Bänder ab, da ich sie absolut nicht mehr haben kann. Die Gurte schneiden ein und ich fühle mich damit noch schlechter als ohnehin schon durch den Wehenschmerz. Adele schimpft anschließend zwar gewaltig, aber da ich mich weigere die Gurte wieder umzumachen, kommen wir zu einer anderen Lösung: Hannah bekommt eine Sonde auf den Kopf, über die ihre Herztöne auf den Monitor übertragen werden und für die Aufzeichnung der Wehen bekomme ich eine elastische Binde, unter der der Togo-Kopf zum Wehenaufzeichnen befestigt wird.

Nachdem das alles erledigt ist, bleibe ich noch eine Weile auf der Bettkante sitzen und lass meine Beine baumeln. Holger massiert mir während der Wehen die Michaelisraute und kann ansonsten nicht viel tun. In den Wehenpausen nach der PDA-Pleite sitzt er neben mir auf einem Stuhl und fragt mich, ob es mir gut geht. Ich wundere mich über die Frage, erzähle ich doch gerade ein paar Stories aus der Schule, um nicht einzuschlafen - glaube ich zumindest! Die Wirklichkeit sieht anders aus: in den Wehenpausen bin ich so erschöpft, dass ich mit baumelnden Beinen und geschlossenen Augen unzusammenhängenden Unsinn erzähle, wie mir Holger nach der Geburt berichtet.

Das Sitzen auf der Bettkante hat aber wohl einige Fortschritte gebracht und Adele empfielt mir, mich einmal hinzustellen. Mit dem ganzen Kabelgedöns ist das allerdings gar nicht so einfach. Ich gehe mit Holgers Hilfe zu einer Tücherschlaufe, die an der Decke befestig ist und stelle mich breitbeinig dorthin. Mit beiden Händen packe ich das Tuch und lasse mich nach vorne fallen. Holger massiert mich in den Wehen und ich brülle wie ein Stier, merke ich doch einen gewaltigen Druck.

Wo es denn drückt will unsere Hebamme wissen und ich antworte verwirrt "nach unten". Adele fragt nach: "Nach vorne oder nach hinten?" Ich weiß nicht was sie meint, aber die nächste Wehe verhindert auch, dass ich gezielt über die Frage nachdenken kann. Adele geht nach draußen ins Schwesternzimmer und ich habe eine starke Wehe nach der anderen. Holger ruft Adele zurück, die aber nur kurz den Kopf durch die Tür steckt und wieder geht.

Holger steht somit mit seiner Frau, die schreit und brüllt, alleine im Kreißsaal. Er ruft Adele also zum zweiten Mal zurück, aber sie geht wieder, ohne etwas zu unternehmen, anscheinend schreie ich noch nicht laut genug. Ein paar Wehen später kommt sie wieder und fragt mich noch einmal, wo es nun hindrückt. Da ich mittlerweile aber nicht nur im vorderen, sondern auch im hinteren Unterleib ein starkes Druckgefühl verspüre, weiß ich nun, wie Adeles Frage gemeint war. Ich bin froh, dass ich einen Einlauf bekommen habe, denn ansonsten hätte ich wohl nicht gedacht, dass doch nur das Kind drückt...

Um kurz vor 12 Uhr hilft Holger mir wieder zurück auf das Kreißbett, wo Adele als erstes Beinschalen befestigt. Während ich meine Beine dort hineinlege stelle ich fest, dass sowohl Adele als auch die Ärztin sich eine weiße Plastikschürze umgebunden haben. Mein erster Gedanke ist, dass es doch unmöglich jetzt schon so weit sein kann, dass Hannah nun kommt.

Die Ärztin stellt fest, dass der Muttermund fast komplett geöffnet ist, allerdings noch eine kleine Kante drin sei. Die scheint aber nicht zu stören, denn ich darf pressen. "Tief Luftholen, Luft anhalten, Augen zu und nach unten drücken!" Von irgendwoher hat Holger plötzlich ein kaltes Tuch in der Hand und tupft mir damit die Stirn ab, was ich allerdings nicht gut haben kann. Ich halte mich an den Beinschalen fest und versuche zu pressen. Nach meinem Gefühl ziehe ich mich allerdings nur an den Griffen nach vorne und bringe Hannah durch Armkraft auf die Welt.

Aber anscheinend mache ich es doch richtig, denn plötzlich heißt es, dass ich nicht pressen, sondern hecheln soll, damit der Druck auf den Damm nicht zu groß wird und die Geburt nicht zu schnell vorangeht, schließlich braucht Hannah etwas Zeit, um durch das letzte Stück des Geburtskanals zu kommen. Total verwirrt über den schnellen Ablauf der Dinge frage ich ersteinmal nach, wie das denn geht. Adele hechelt mir eindrucksvoll vor und ich eifer ihr nach.

"Man kann das Köpfchen schon sehen" heißt es dann und Holger strahlt mich an, hat er doch gerade ein Stückchen seiner Tochter gesehen! "Hat sie Haare? Hat sie Haare?" ist meine einzige Frage zu diesem Zeitpunkt und alle nicken mir zu. Vorsichtig taste ich nach Hannahs Köpfchen und kann ein Stück Kopf mit weichen Flaum erfühlen, der vielleicht so groß ist, wie ein Fünfmarkstück.

Absolut fasziniert von diesem Gefühl, höre ich fast nur noch durch einen Berg Zuckerwatte die Anweisungen der Hebamme und der Ärztin. Adele versucht mit reichlich Babyöl, den Weg für Hannah flutschiger zu machen, doch das reicht nicht aus. Bevor ich unkontrolliert reisse, entscheiden sich die beiden Frauen für einen Dammschnitt. Dummerweise ist die junge Ärztin noch nicht ganz so routiniert und setzt die Schere zu spät an, so dass sie in dem Moment schneidet, in dem ich Luft hole und nicht presse. Ich merke den Schnitt somit ganz bewußt.

Mit der nächsten Wehe ist Hannahs Kopf schon geboren und eine Wehe weiter gleitet ihr Körper aus meinem heraus. Dieses Gefühl ist so wahnsinnig schön, dass ich gar nicht weiß, wie ich es beschreiben soll. Ganz sanft fühlt es sich an, als Hannah mit einem "Flutsch" auf die Welt kommt. Es ist 12:10 Uhr.

"Was machen die da?!" frage ich leicht panisch und Holger berichtet, dass Hannah gerade abgesaugt wird und weder er noch ich denken daran, dass er Hannah doch gerne abnabeln will. Aber wegen der Nabelschnurblutspende muss es wohl besonders schnell gehen. Einige Augenblicke später habe ich Hannah nackt und weinend auf meinem Bauch liegen und sowohl ich als auch Holger himmeln sie an und schon ist das Abnabeln vergessen.

Hannah hat ein paar Drähte von der CTG-Sonde auf dem Kopf, sieht damit aus wie ein Teletubbie und streckt als erstes wieder ihre Hände vor das Gesicht. Schon während der Schwangerschaft haben wir ihr Gesicht auf Ultraschallbildern nicht gesehen, weil sie die Hände davor hatte. Nun liegt sie da und wir haben Zeit, das kleine Wunder ganz ausgiebig zu betrachten.

Nach ein paar Minuten soll ich noch einmal pressen, denn eine Geburt ist erst mit dem Gebären der Plazenta beendet. Diese ist ohne Komplikationen und Schmerzen mit einer Wehe da. Adele zeigt uns die Hauptnahrungsquelle Hannahs der letzten 40 Wochen und Holger kann Adele dabei beobachten, wie sie den Mutterkuchen auf Vollständigleit überprüft.

Während Adele mit Holgers Hilfe Hannah vermisst, wiegt und säubert, setzt mir die Ärztin eine Spritze, um den Dammschnitt zu nähen. Die Betäubung wirkt aber leider nicht und so muss ich die Nadelstiche über mich ergehen lassen, was ziemlich unangenehm ist, da zwei Hautschichten separat genäht werden müssen. Das dauert ohnehin schon etwas länger, aber der Chefarzt will auch noch einen Blick drauf werfen und so muss ich noch länger aushalten als mir lieb ist. Ich frage ihn nach einer weiteren Betäubung, aber er meint nur, dass die gespritzte Menge reichen würde, um einen Elefanten lahm zu legen. Na danke! Da kann ich ja fast froh sein, dass ich ohne PDA ausgekommen bin, vielleicht hätte die auch nicht gewirkt und ich hätte für nichts und wieder nichts eine Nadel im Rücken gehabt. Ich kenne es schon vom Zahnarzt, dass Spritzen bei mir nur schlecht anschlagen.

Irgendwann ist aber auch der unangenehme Teil des Nähens zu Ende und auf meine Frage, wie es denn nun dort aussieht mein Holger: "Besser als vor dem Nähen, aber ansonsten wie immer!" Sehr beruhigend!

Als nächstes werde ich von der Ärztin zur Toilette geschickt, aber ich bekomme auch mit Hilfe des laufenden Wasserhahns keinen Tropfen heraus. Zurück im mittlerweile schon fast wieder sauberen und aufgeräumten Kreißsaal darf ich mich mit Hannah und Holger ins Bett kuscheln und die erste Zeit als Mama genießen.

Gegen 15 Uhr werden Hannah und ich gemeinsam von einer Schwester und Holger aus dem Kreißsaalbereich geschoben. Auf dem Weg bekommen wir noch ein paar Baumwollbeutel mit Werbematerial und Produktproben auf das Bett gelegt. Kurz bevor wir auf das Zimmer auf der Wöchnerinnenstation kommen, hören wir hinter uns die frischgebackenen Großeltern und die Tante den Gang runterkommen.

Vor lauter Aufregung und Neugierde hat es die Familie nicht mehr Zuhause ausgehalten und alle bestaunen Hannah und beglückwünschen Holger, mich und sich gegenseitig. Nach einer halben Stunde ist der Spuk aber vorbei - Mutter und Tochter brauchen etwas Ruhe. Holger fährt mit nach Hause, telefoniert mit den Leuten, die sofort erfahren müssen, dass er Papa geworden ist und macht das, was ein Vater am ersten Tag tun sollte: er raucht mit den beiden Opas eine toskanische Zigarre auf den Familienzuwachs und läßt mit der ganzen Familie das Kind richtig pinkeln!

Ich genieße im Krankenhaus die Zeit mit der schlafenden Hannah und gebe sie schweren Herzens um 22 Uhr ins Säuglingszimmer. Die erste Nacht als Mutter verbringe ich alleine im Zimmer, schlafe bis um 4 Uhr tief und fest, wache dann jedoch auf und vermisse meine Kleine ungemein. Nachdem ich ein paar Tränen ins Kissen geweint habe, beginne ich jedoch meine Geburtserfahrung aufs Papier zu bringen. Bis mir um 6:30 Uhr Hannah gebracht wird, habe ich die wichtigsten Punkte dokumentiert und weiß jetzt schon, dass ich in den nächsten Wochen keine Zeit mehr finden werde, den Bericht zu vervollständigen und abzutippen.

Und siehe da: nun ist Hannah schon sechs Monate alt und ich habe es gerade erst geschafft, Hannahs Geburtstag in Schriftform festzuhalten. Vergessen habe ich allerdings noch keine Sekunde, dafür war ihre Geburt ein zu schönes Erlebnis.


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