Geburtsbericht

Lena Arendt
1. März 2007
11:23 Uhr
53 cm
3680g

Am 18.02.2007 sollte Lena eigentlich das Licht der Welt erblicken, aber sie macht keine Anstalten, sich auf den Weg zu machen und noch ein Wassermann zu werden. Mein Frauenarzt hat mir daher eine Einweisung zur Einleitung ausgestellt, mit der ich mich 10 Tage nach dem errechneten Geburtstermin im Krankenhaus einfinden sollte.

Bis Zuletzt hoffte ich, dass Lena sich noch von allein auf den Weg macht, aber da heißes Duschen, Rotwein, Treppensteigen, körperliche Aktivität in allen Lebenslagen und diverse angeblich wehenfördernde Lebensmittel Lena nicht locken konnten, blieb keine andere Möglichkeit als eine medikamentöse Einleitung.

Nach einer relativ ruhigen Nacht sind wir also am Mittwoch, den 28. Februar 2007 noch zu dritt gegen 8 Uhr aufgestanden und haben gemütlich mit Brötchen gefrühstückt. Nach einer ausgiebigen Dusche kontrollierte ich meine Unterlagen:


- Mutterpass
- Einweisung zur Einleitung
- Krankenkassenkarte
- Stammbuch - elastische Binde fürs CTG, weil ich die dünnen Bänder nicht haben kann

Hannah ging zu Oma und Opa runter und Holger und ich fuhren samt Kliniktasche um 9:15 Uhr nach Düsseldorf-Kaiserswerth, wo ich mich bereits zur Einleitung angemeldet hatte. Erfreulicherweise bekamen wir sogar einen von zwei Parkplätzen für werdenen Väter! Und dann sogar noch den, mit der Schnapszahl 111! Ein gutes Omen?

Nach Holgers letzten Zigarette vor der Klinik ging es hoch in den Kreißsaal. Als erstes lief uns wieder Hebamme Lidia ("Musst Du hecheln wie Hund in Sommer!") über den Weg und sogar Dr. Lieber, die damals bei Hannahs Geburts dabei war. Sie erklärte uns auch direkt, dass noch nicht klar sei, ob ich heute überhaupt eingeleitet werden kann, denn es sei ziemlich viel los.

Aber als erstes durften wir warten, dass ein Ultraschallraum frei wurde. Die Wartezeit wurde allerdings sinnvoll genutzt: Holger meldete mich bei der Patientenverwaltung an und Dr. Lieber legte mir einen Zugang auf dem linken Handrücken und nahm mir Blut ab. Als Holger wieder kam, ging es auch direkt zum Ultraschall.

Lena wäre demnach geschätzte 52cm lang, 3500g schwer und hätte einen Kopfumfang von 34cm. Na, mal schauen!

Der Gebärmutterhals (GMH) stand noch, war aber weich und der Muttermund fingerdurchlässig.

Nach der Untersuchung hieß es wieder warten. Wieder im Vorrraum der Kreißsäle, direkt neben dem Kaffeeautomaten, wieder ohne zu wissen, was als nächstes passieren wird und ob heute überhaupt noch etwas passieren würde. Lidia kam um Blutdruck und Temperatur zu messen und bat mich, Urin abzugeben. Danach sollte ich eigentlich für 30 Minuten ans CTG, wo meine mitgebrachte elastische Binde erstmals zum Einsatz kam, aber anscheinend wurden wir über die Länge falsch informiert. Nach einer halben Stunde bat ich eine Ärztin, mir den schmerzenden Zugang zu entfernen und wir warteten weiter auf das Ende des CTGs. Als ich nach einer Stunde dringend mal aufs Klo musste, machte mich Lidia nur grummelnd los.

Auf dem Klo fing ich an zu weinen, weil ich das Gefühl hatte, hier als störend umpfunden zu werden. Dämliche Hormone!

Erst kam eine andere Hebi ins Bad, weil sie mich weinen hörte, ging aber direkt wieder und schickte Lidia herein. Sie entschuldigte sich, es sei doch nicht gegen mich gerichtet, aber der Streß wäre heute besonders groß. Ich erklärte ihr, dass ich doch auch nur mein Kind im Arm halten will, mich die Übertragung und die ganze Einleitereisituation auch fürchterlich nervt, vor allem, da uns keiner sagt, was als nächstes passieren wird. Schließlich wurde uns nur gesagt, dass evtl. heute und auch nicht morgen eingeleitet wird, weil ein Raum mit Liege frei sein muss, da man bei der Einleitung erstmal zwei Stunden am CTG liegen muss.

Lidia erklärte mir dann vor mir vor dem Klo kniend, dass in einer Stunde eingeleitet wird. Wir sollten noch etwas essen gehen und dann bekäme ich die Tablette.

Holger und ich sind dann rüber in die Cafeteria gegangen, wo es fade ungesalzene Nudeln mit langweiliger Sauce und Hackbraten gab. Schmeckte genau so, wie es klingt: Nach Henkersmahlzeit!

Um kurz vor 13 Uhr waren wir wieder im Kreißsaal, dort waren jedoch wieder alle CTGs belegt. Also schickte uns Lidia "auf Station", um meine Klamotten wegzupacken. Dort angekommen, sagte ich der diensthabenden Schwester sofort, dass ich ein Einzelzimmer haben möchte, was aber direkt abgelehnt wurde: Keine Zimmer frei! Nach einigen Hin und Her, wurde mir aber dann noch ein Zweibettzimmer angeboten. Besser als ein vollbesetztes Dreibettzimmer!

Also mussten wir runter zur Patientenverwaltung und einen Antrag auf Wahlleistung "Unterbringung im Zweibettzimmer" unterschreiben. Für schlappe 46,92 Euro war ich nun luxuriös im Zweibettzimmer 213 untergebracht, das genauso groß wie ein Dreierzimmer ist. In den 47 Euro pro Nacht sind sogar Handtücher und Bademantel inklusive und auch die Grundgebühr fürs Telefon entfällt. Außerdem darf der Selbstzahler sich sein Drei-Gänge-Menue zum Mittag selbst zusammenstellen! Wow...

Nachdem wir meine Sachen im Schrank verstaut hatten, ging es zurück in den Kreißsaal, wo mir um 13:30 Uhr ein Viertel einer wehenauslösenden Tablette (Cytotec) gegeben wurde. Danach lag ich für zwei Stunden am CTG und hatte gerade mal sechs Wehen in dieser Zeit. Ich schrieb während des CTGs schon mal an diesem Bericht und Holger las Perdido Street Station und wurde immer blasser und hustete schön vor sich hin.

Ab 16 Uhr durften wir den Kreißsaal wieder verlassen und hatten knapp zwei Stunden Zeit, um das Telefon anzumelden und etwas vom Abendbuffet zu essen.

Um 17:45 Uhr kam Helga Feddersen in Gestalt von Hebamme Gabriele zu uns, schließlich war Schichtwechsel gewesen. CTG und nur ansatzweise witzige Sprüche passten für mich gerade nicht zusammen. Gepaart mit Holgers stetigem Husten und der sich ausbreitenden Langeweile war das alles zu viel für mich: Ich heulte schon wieder.

Da das CTG diesmal im Vorraum gemacht wurde, konnten wir auf dem einzigen Sofa sitzend fernsehen und Holger hat Bekanntschaft mit Dr. Garcia gemacht, der uns aufmuntern wollte und erzählte, dass in einigen Kliniken erst bei ET+14 oder, wie in Bensberg, gar nicht eingeleitet wird. Da steht man unter Umständen bei ET+21 immer noch ohne Kind im Arm da.

Auf dem CTG waren, vielleicht wegen meiner Enttäuschung und Wut, plötzlich alle sieben bis fünf Minuten Wehen zu sehen. Anscheinend ging es vorwärts! Daher habe ich mir von Helga Feddersen dann um 18 Uhr einen Einlauf verpassen lassen. Lieber den, als unter der Geburt nicht pressen wollen! ;-) Außerdem wirken Wehencocktails auch nur über den ausgelösten Durchfall. Ich hoffte also auf eine Beschleunigung der Wehen und somit der Geburt.

Ab 18:45 Uhr sind Holger und ich dann wieder über die Gänge geschlichen und ab und zu kam eine Wehe. Um 19:30 Uhr sollten wir wieder im Kreißsaal sein. Waren wir auch, doch leider saß auf dem bequemen Sofa gerade eine andere Schwangere und so kamen wir in den Kreißsaal, in dem ich Hannah geboren hatte.

Hebamme Gabriele legte mir wieder mal das CTG an und merkte sich diesmal, dass ich meine eigene elastische Binde dabei habe, weil ich die geknoteten Gummibänder nicht haben kann. Beim ersten CTG anlegen hatte sie nicht verstanden, dass ich kein schickes Bauchband, sondern eine Binde für die Knöpfe um hatte...

Ich lag also auf dem Kreißbett, auf dem Hannah zur Welt kam, schaute den Fliegern vom nahen Flughafen beim Starten zu, hörte JamFM und lauschte Holgers Witzen, an denen er lange gefeilt hatte ("Hier kannst Du warten, bis der Arzt kommt! Sagen das wohl auch Ärzte?") und siehe da: Alle zwei bis drei Minuten rollte eine Wehe heran!

Nach dem CTG gab es dann noch eine vaginale Untersuchung durch Hebi Gabriele: GMH steht 0,5cm, Muttermund ist 2-3cm auf!

Ich bekam eine 10mg Buskopantablette und eine Paracetamol gegen meine Kopfschmerzen und wurde samt Holger wieder aufs Zimmer geschickt. Dort angekommen, erkundigte ich mich zum dritten Mal, ob Zuhause alles in Ordnung war und gab Bescheid, dass es wohl noch etwas dauern wird.

Gegen 22 Uhr sollten wir wieder im Kreißsaal sein, wo gerade mal wieder Schichtwechsel war. Daher legte nun Hebi Janina das CTG an. Nach einer halben Stunde regelmäßiger, aber nicht schmerzhafter Wehen war ich doch arg enttäuscht als Janina bei der Untersuchung feststellte: GMH steht wieder, MuMu unverändert!

Sie gab mir ein paar Globuli Pulsatilla und Holger den Rat, doch nach Hause zu fahren. Auf Station hatte man uns dann doch noch ein Familienzimmer und Hustenlöser für Holger angeboten, aber beide Angebote lehnten wir ab. Holger hätte ohnehin nicht im Krankenhausbett schlafen können und Zuhause hatte er alle Medikamente, die er brauchte.

So fuhr Holger gegen 23 Uhr nach Hause, ich ging enttäuscht aufs Zimmer und quatschte noch mit meiner mittlerweile eingetrudelten Zimmernachbarin, die gerade entbunden hatte und schlief tatsächlich ein.

Donnerstag, 1.März 2007

Um 2:30 Uhr wurde ich einmal wach, die Wehen waren aber nur schwach und unregelmäßig und so schlief ich wieder ein.

Um 4:20 Uhr platzte dann beim Versuch, mich im Bett umzudrehen, die Fruchtblase. Schwallartig lief die Flüssigkeit aus mir heraus und setzte das Bett unter Wasser, so wie es draußen der Regen mit den Blumenbeeten machte. Also machte sich Lena doch noch unbeeindruckt von der Einleitung aufgrund des Wetterwechsels auf den Weg!

Ich ging sicherheitshalber einmal auf die Toilette - da ich noch pieseln konnte, war klar: Es war wirklich Fruchtwasser und kein Urin, außerdem lief es ungesteuert weiter - und rief die Schwester.

Die packte zu den Handtüchern, die ich mir genommen hatte, erstmal reichlich Unterlagen unter mich und fuhr mich dann liegend mit meinen Habseligkeiten in den Kreißsaal. Unterwegs kam die erste schmerzhafte Wehe!

Hebamme Janina legte das CTG an und riet mir, Holger erst später anzurufen, schließlich sei er doch arg krank. Die Wehen kamen nun regelmäßig alle 7 Minuten und taten auch ordentlich weh, der Befund der vaginalen Untersuchung war aber unverändert.

Danach bekam ich einen neuen Zugang in die rechte Armbeuge gelegt und erstmal einen Volumentropf. Während der durchlief rief ich um 5:15 Uhr Holger an und sagte ihm, dass er sich langsam auf den Weg machen soll. Hannah kam auch ganz verschlafen ans Telefon und ich freute mich wahnsinnig, ihre Stimme zu hören. Nein, Lena ist noch nicht da, aber es kann nicht mehr lange dauern. Ja, Du kommst dann sofort mit Oma und Opa ins Krankenhaus.

Nachdem der Tropf durchgelaufen war, durfte ich mich wieder anziehen und zurück auf Station gehen. Dort setzte ich mich erstmal in den Buffetraum und schrieb die Ereignisse der letzten Stunden auf.

Ab 5:40 Uhr kamen die Wehen regelmäßig alle drei Minuten und blieben für etwa 30 Sekunden.

Gegen 6:30 Uhr kam Holger und wir gingen zusammen in den Kreißsaal, wo mittlerweile auch wieder Hebi Lidia im Dienst war. Nun machte ich also schon den dritten Dienstwechsel mit!

Als erstes wurde mir auf meinen Wunsch ein weiterer Einlauf gemacht, da der erste nun schon wieder 12 Stunden her war. Nicht, dass ich darauf stehe, aber es ist mir lieber, dass ich meinen Darm auf dem Klo entleere als zusammen mit meinem Kind auf dem Kreißbett!

Anschließend gab Lidia mir eine Buskopanspritze zum Lockern des Muttermunds und schickte mich in einen Kreißsaal, um mich zu untersuchen. Der Muttermund war nun 4cm geöffnet. Immerhin.

Da im Kreißsaal ordentlich Verkehr herrschte und der Befund noch nicht so wahnsinnig viel weiter war, durften wir wieder mal zurück auf Station und sollten erstmal frühstücken, obwohl mir schlecht und elend war.

Also holten wir uns aus dem Buffetraum unser Frühstück und aßen im Zimmer, ich mit der Brechschale in der Hand. Die Wehen kamen auch weiterhin alle drei Minuten, was das Essen nicht unbedingt vereinfachte.

Außerdem wurde mir dann vollends schlecht und die erste Hälfte des Frühstücks kam wieder heraus. Da ich aber noch Kraft für die bevorstehende Zeit brauchte, aß ich doch noch etwas, bevor es zurück in den Kreißsaal ging.

Der Weg dorthin endete aber schon direkt an der Zimmertür, also nach knapp drei Metern, zum ersten Mal. An die Wand gelehnt veratmete ich die Wehe, bevor es zum nächsten Stopp ging. Etwa alle 1 1/2 Minuten hatte ich auf dem Weg Wehenpausen einzulegen.

Gegen 9:30 Uhr saß ich mit Holger wieder auf dem Sofa im Kreißsaalbereich, wo zwar eine Jacke und eine Tasche lagen, die dazugehörige Frau aber nur zur CTG-Kontrolle da war. Sie verzog sich mit den Worten "Oh, das ist wohl dringender!" und ohne böse zu sein auf einen unbequemen Stuhl.

Ich hatte wohlweisslich eine Brechschüssel mitgenommen, die ich auch direkt benutzen musste. Auf dem Weg zum Klo übergab ich mich nochmal - und zwar direkt neben der vom Sofa verscheuchten Frau und ihrem Mann, was mir fürchterlich peinlich war. Aber ich erinnerte mich an Adeles Worte bei Hannahs Geburt, dass Erbrechen gut ist, da es zeigt, dass die Hormone sich auf die bevorstehende Geburt einpendeln.

Auf dem Weg in den Kreißsaal 1 entschuldigte ich mich zwischen zwei Wehen noch schnell bei dem Paar, das aber milde lächelnd abwehrte und sich wohl fragte, was ihnen selbst noch bevorsteht.

Im Kreißsaal lief ich im Kreis - immer wieder um das Bett - und hielt mich in den Wehen am von der Decke hängenden Tuch fest.

Um 10 Uhr legte Lidia das CTG wieder an und fragte, ob ich eine PDA haben möchte. Als ich verneinte, schlug sie mir einen Paracetamoltropf vor, den ich auch dankend annahm. Obwohl 1000mg Paracetamol bei mir gerade mal gegen beginnende Kopfschmerzen helfen...

Ich sollte mich auf die rechte Seite legen, damit Lena sich besser ins Becken drehen konnte, aber so wurde das CTG schlechter und ich musste mich wieder umdrehen, was unter den Wehen schon zum Kraftakt wurde.

Da Lidia zu einer Geburt im Kreißsaal nebenan musste, wurde Holger instruiert, den Tropf abzustellen, als er durchgelaufen war. Nachdem das Paracetamol durch war, bekam ich noch einen Volumentropf für den Kreißlauf und Lidia verschwand wieder.

Da der Tropf an der linken Seite des Bettes stand, Holger mir aber ind en Wehen die Michaelisraute massieren musste, sprang er regelrecht übers Bett, um seinen Aufgaben nachzukommen. Die Wehen kamen sehr regelmäßig und stark und Holger hatte alle Mühe, mit ähnlicher Intensität in mein Kreuz zu drücken.

Im Veratmen gab ich mit langgezogenen Worten Anweisungen, wo Holger drücken sollte. Am effektivsten war die Kombination aus Druck auf den rechten Oberschenkel (Richtung Hüfte) und die Stelle knapp oberhalb der Poritze.

Gegen 10:30 Uhr kam eine Kinderkrankenschwester mit einem Neugeborenen herein, um es anzuziehen. Anscheinend war sonst nirgends mehr Platz. Keine Ahnung, wo das Kind geboren wurde, auf keinen Fall in einem der Kreißsäle, denn die haben alle einen Wickelplatz!

Wir wurden gefragt, ob der Vater des Kindes reinkommen dürfte, was wir bejahten, da ich im Gegensatz zu Hannahs Geburt kein Flügelhemdchen anhatte, sondern Shirt und Hose.

Die erste Wehe im Beisein des fremden Mannes habe ich noch dezent und leise veratmen wollen, aber es gelang mir nicht wirklich und daher stöhnte ich die nächsten Wehen wieder laut heraus. Und so ist jetzt das Homevideo eines mir fremden Neugebornen, das gerade gewaschen und vermessen wird, mit meinem Wehengestöhne untermalt. Schräg!

Gegen 11 Uhr kam Lidia mal wieder herein und wollte in eienr Wehe nach meinem Muttermund tasten, was ich nur widerwillig über mich ergehen ließ. Ich drehte mich also auf den Rücken und Lidia sprach im Rythmus meiner Wehen und meines Stöhnens beruhigend auf mich ein und fragte dann, welche Muttermundweite ich denn gerne hätte.

"Vollständig! Vollständig!" rief ich, rechnete aber aufgrund der kurzen Zeit seit Beginn der starken Wehen und mit Lidias "Da haben wir aber noch ein paar Meter vor uns!" nur mit 6cm.

Als die Wehe vorbei war sagte Lidia die wunderbarste Zahl des Tages: "9cm!"

In dem Moment wurde ich wieder ganz klar und Holger, den ich nur im Spielgel sehen konnte, da er ja immer noch hinter mir stand und mich massieren musste, stellte freudig fest, dass gerade die Sonne herausgekommen ist und das schlechte Wetter ein Ende hätte. Der Himmel bricht auf und Lena wird geboren!

Lidia machte eine Beinschale am Bett fest und schlug mir vor, mich wieder auf die linke Seite zu drehen und das rechte Bein in die Beinschale zu legen, damit Lena mehr Platz hat. Schon während ich mich richtig hinlegte, war Lidia wieder verschwunden.

Holger stand nun nicht mehr hinter mir, sondern am Kopfende des Bettes neben mir, sodass ich seine Hand drücken konnte, was ich auch ausgiebig tat.

Recht bald merkte ich einen starken Pressdrang, doch da weder Arzt noch Hebamme anwesend waren und ich nicht wusste, ob der Muttermund mittlweile vollständig, also auf 10cm geweitet war, durfte ich nicht pressen. Holger redete auf mich ein, dass ich hecheln muss, um bloß noch nicht zu pressen. Als die erste Presswehe vorbei war, wollte Holger los, um Lidia zu holen, doch ich wollte ihn nicht gehen lassen.

Irgendwie hat er sich dann aber doch aus meiner Schraubstockhand befreit und lief zum Schwesternzimmer, wo leider niemand war. Ich verhechelte also die nächste Wehe, bis Holger mit Frau Dr. Cayan wieder kam. Sie schaute mir zwischen die Beine und verbot mir, die anrollende nächste Wehe zu pressen. Lidia kam, Dr. Cayan sagte irgendwas von "Kopf ist auf dem Beckenboden" und Lidia gab endlich das OK, dass ich pressen durfte.

In den Wehenpausen guckte Frau Dr. Cayan einmal etwas nachdenklich auf das CTG, was mich total verunsicherte: "Geht es der Kleinen gut?!" - "Wenn Sie tief in den Bauch atmen: ja!". Also strengte ich mich an, tief zu atmen und dann wieder zu pressen.

Nach drei Presswehen war Lenas Kopf geboren und ich entlang der alten Naht gerissen, und nach der vierten Wehe war Lenas Körper um 11:23 Uhr auf der Welt. Ich habe ihr Herausgleiten ganz intensiv gespürt und sozusagen jeden Teil ihres Körpers mit meinem Unterleib gescannt. Ganz bewusst habe ich gemerkt, wie ihre Schultern, ihr Körper und ihre Beine aus mir herausgeflutscht sind. Ein wunderbares Gefühl, noch intensiver als bei Hannah damals, da ich nun wusste, wie es sich anfühlen würde. Auf diesen Augenblick hatte ich mich seit Monaten gefreut!

Holger durfte Lena abnabeln und schon wurde sie mir auf die Brust gelegt. Ein wunderschöner Moment!

Vier Minuten nach Lena kam mit einer letzten Wehe die Plazenta vollständig nach. Neugierig wie ich bin, habe ich sie mir natürlich angeschaut und einmal die Nabelschnur angefasst. Ein sehr stabiles und doch flexibles Ding, das unsere Tochter in den letzten Monaten versorgt hat.

Kaum dass Lena abgenabelt auf meinem Bauch lag, betäubte Dr. Cayan mir den Damm und begann, den Riss zweiten Grades zu vernähen. Währenddessen kam auch Dr. Garcia in den Kreißsaal und wollte noch gar nicht gratulieren, als wir ihm dann aber sagten, dass die Nachgeburt schon da ist, staunte er und gratulierte uns zu einer so schnellen und unkomplizierten Geburt - und zu unserer hübschen Tochter.

Lidia nahm Lena dann mit zum Wickeltisch, säuberte, vermaß und zog sie an, während ich mich auf dem Kreißbett weiter nähen ließ und anschließend ins normale Bett kletterte.

Danach wurden wir in den Kreißsaal nebenan gebracht, wo wir Zeit hatten, uns gegenseitig zu beschnuppern.

Zwischendurch wurde ich aber noch von einer netten Hebammenschülerin auf die Toilette begleitet und anschließend abgetastet. Mich wundert immer wieder, wie schnell sich die Gebärmutter von der Größe eines Fußballs auf die Größe einer Birne zusammenziehen kann!

Die Schülerin hatte auch die dankbare Aufgabe, uns unsere Geburtsgeschenke zu überreichen: Statt wie bei Hannah einfach nur mit ein paar Baumwollbeuteln das Bett vollzuladen, kam sie außerdem mit einem AngelCare Windeleimer an! Beim nächsten Kind gäbe es wahrscheinlich gleich eine Kinderzimmereinrichtung! ;-)

Gegen 15 Uhr wurden wir dann endlich auf Station entlassen und konnten eine Stunde später schon der stolzen Schwester den Familienzuwachs präsentieren.

Weitere zwei Nächte blieb ich im Krankenhaus, vor allem, um die U2 noch zu machen, denn mit einem Neugeborenen wollten wir uns nicht in ein virenverseuchtes Kinderarztwartezimmer setzen. Die U2 ist frühestens nach 48 Stunden möglich, also am Samstag, den 3.März um 11:23 Uhr. Um Punkt 12 Uhr bestätigte mir der Professor der Kinderklinik eine gesunde Tochter, und eine halbe Stunde später holten uns Holger und Hannah ab. Erstmals waren wir als Familie zu viert auf dem Weg nach Hause.

Denn: "Das erste Kind macht aus einem Paar ein Paar mit Kind. Erst mit dem zweiten Kind wachsen sie zu einer Familie."


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